Schule wird zum Landtag
„Der Landtag sind wir!“ Ein Kooperationsprojekt des Bayerischen Landtags und der Forschungsgruppe Jugend und Europa
Die Planspielmethode gehört seit vielen Jahren zum festen Bestandteil in der politischen Bildung, ist sie doch bestens dazu geeignet, auch komplizierte Abläufe und Strukturen lebendig zu vermitteln.
Die ‚Kunst‘ besteht dabei vor allem in der angemessenen didaktischen Reduktion, d.h. zeitliche wie institutionelle Abläufe und Rahmenbedingungen müssen zielgruppengerecht so komprimiert werden, dass deren Kern erhalten bleibt und sich zugleich in eine ansprechende und zeitlich gut realisierbare Spielidee umsetzen lässt. Ausgehend von einer fiktiven Ausgangssituation, dem sogenannten Szenario, arbeitet die Planspielmethode daher stets mit eindeutigen Interessensgegensätzen, einem Spannungsbogen und mit Entscheidungsdruck. Die Ausgangskonstellation, die Spielregeln und das Szenario werden im Vorfeld festgelegt. Das Spielergebnis selbst aber bestimmen die Teilnehmenden und kann somit von diesen aktiv gestaltet werden.
Gelingt dies, können Planspiele neben dem reinen Wissenserwerb eine ganze Fülle weiterer Kompe-tenzen und Lernformen spielerisch vermitteln. Interaktives handlungsorientiertes Lernen, planerisch-strategisches Denken oder demokratische, soziale und kommunikative Handlungskompetenzen stellen nur einen repräsentativen Ausschnitt dar.
Daher beauftragte der Bayerische Landtag die FGJE mit der Entwicklung eines Plansspiels, das parlamentarische Abläufe, politische Entscheidungsprozesse der Landespolitik sowie die Rolle der Medien in der Politik vermitteln sollte. Seit nunmehr 2006 gibt es dieses landes- und bundesweit bislang einzigartige interaktive Lernprojekt ‚Der Landtag sind wir – parlamentarische Demokratie spielerisch erfahren.‘ Verschiedene Szenarien (z.B. Schulreformen, Videoüberwachung, Wahlalter 16 oder Jugendkriminalität), ein modularer Aufbau und unterschiedliche Textvarianten ermöglichen den flexiblen Einsatz bei allen Schultypen ab der 8. Klasse aufwärts. Bei jedem Planspiel sind zudem Mitglieder des Landtags anwesend, die den Jugendlichen für Fragen und Diskussionen zur Verfügung stehen.
In den Genuss des Planspiels „Der Landtag sind wir!“ kamen die Klassen der Verwaltungsfachangestellten und Sozialversicherungsangestellten von der Kaufmännischen Berufsschule Bayreuth II am Vormittag des 08.06.2015.
Um den Schülern das Gesetzgebungsverfahren im Bayerischen Landtag lebensecht vermitteln zu können, wurde ihnen hier die Gelegenheit gegeben dies anhand des Schwerpunktthemas „Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen in Bayern“ selbst in die Hand zu nehmen.
Ziel des Planspiels war es, ein Gesetz zum Thema Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen in einem formellen Gesetzgebungsverfahren zu verabschieden.
Die Referenten der FGJE erläuterten den Schülern kurz den Aufbau des Landtages und den Ablauf der Gesetzgebung, um das theoretische Wissen aufzufrischen. Dabei erhielt jede/-r der Schülerinnen und Schüler eine Rolle als Landtagsabgeordneter. Bei der Rollenverteilung wurden die aktuell im Landtag vertretenen Parteien, mit Sitzverteilung (CSU, SPD, Die Grünen, Freie Wähler), berücksichtigt.
Nach der üblichen Vorgehensweise diskutierte man zunächst fraktionsintern hinter verschlossenen Türen über den Gesetzesentwurf. Hierbei fanden die „Abgeordneten“ immer mehr gefallen an den Diskussionen in der Partei. Ziel war es, den Gesetzesentwurf nach den jeweiligen unterschiedlichen Vorstellungen der Partei auszuarbeiten.
Die Ergebnisse dieser Fraktionssitzungen wurden in der ersten Lesung vorgestellt. In der anschließenden Ausschusssitzung mit Mitgliedern aus allen Fraktionen, wurde nun parteiübergreifend diskutiert. Dabei versuchte jeder die Vorstellungen seiner Fraktion den anderen Parteien gegenüber durchzusetzen – hier ging es teilweise sehr hitzig zu.
Danach fand die zweite Fraktionssitzung statt; hier berichteten die Fraktionsmitglieder über den Verlauf der Ausschusssitzung. Dabei wurde beispielsweise festgestellt, dass die Oppositionsparteien oft einen schweren Kampf mit der Regierungspartei austragen. Die betroffenen Parteien zeigten sich darüber enttäuscht und frustriert. Dies verdeutlichte, dass es in der Realität schwer ist ein Gesetz auf den Weg zu bringen.
Nach den eventuellen Änderungsanträgen über den Gesetzesentwurf von Fraktionen wurde in der zweiten Lesung im Plenum das Gesetz endgültig verabschiedet.
Den Abschluss des Planspiels gegen ca. 12 Uhr bildete eine Fragerunde mit vier Mitgliedern des Landtags aus dem Wahlkreis Bayreuth, die an die KBS II kamen:
Hier konnten sich die Schüler auf Augenhöhe mit den Landtagsabgeordneten austauschen, in wie weit das im Planspiel Erlebte die Realität im Parlament wiederspiegelt. Weitere Fragen an die Abgeordneten rundeten das Projekt ab.
Artikel: Patrizia Voigt, Luisa Gebhardt, Maximilian Krüger Klasse WVF 11a